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Jetzt anmeldenDie Digitalisierung ermöglicht neue Konzepte für einen umweltfreundlichen Pflanzenbau und bietet innovative Möglichkeiten für mehr Tierwohl in Masthaltungen. Spot Farming, autonome Feldroboter und innovatives Herdenmanagement bieten aussichtsreiche Chancen für eine ressourcenschonende und zugleich rentable Landwirtschaft.
Die Bodenart ist ein wichtiger Faktor im Spot Farming
Die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Agrar setzten ihre Untersuchungen zum Spot Farming fort. Spot Farming ist eine bisher experimentelle Form des Pflanzenbaus, bei der die Anbaufläche je nach Beschaffenheit und Nährboden in kleine Teilbereiche – die Spots – eingeteilt wird. Dadurch können unterschiedliche Kulturen auf einer Fläche angebaut werden, sodass eine höhere Artenvielfalt entsteht als in der konventionellen Landwirtschaft. Auf Flächen mit geringem Ertragspotenzial werden Landschaftselemente angelegt wie Blühstreifen, Hecken oder Nisthügel für Wildbienen, um die natürlichen Ressourcen effizienter zu nutzen, Dünger und Pflanzenschutzmittel zu sparen und die Biodiversität zu fördern.
Im vergangenen Jahr hatten die Wissenschaftler*innen bereits die Datengrundlage untersucht, die für die Einteilung der Spots notwendig ist. Dazu zählen Bodenschätzungskarten (Informationen über die Bodenart), Bodenkarten (Informationen zum Bodentyp), digitale Geländemodelle (Reliefs der Landschaft) sowie RunoffDaten (Daten über den Oberflächenabfluss). Dieses Jahr prüften die Wissenschaftler*innen im Rahmen einer Literaturrecherche, welche neuartigen Pflanzenbausysteme es abseits des Spot Farmings gibt und welche Daten diese Systeme nutzen. Daraufhin analysierten sie, ob diese Daten auch für das Spot Farming geeignet sein könnten. Die Untersuchung bestätigte, dass die Bodenart (z. B. Lehm, Sand, Ton) einer der wichtigsten Faktoren ist, um Spots zu generieren. Darüber hinaus zeigte sich, dass auch die Entstehung des Bodens berücksichtigt werden sollte (z. B. ob der Boden aus einer Verwitterung heraus entstanden ist). Denn dies gibt Aufschluss über den Wassergehalt und die Nährstoffeffizienz des Spots.
Für das Konzept zum Spot Farming gewann das Zukunftslabor Agrar den Agrifuture-Concept-Preis der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft. Mit diesem Preis werden Zukunftskonzepte für die Landwirtschaft ausgezeichnet – sowohl konkrete landtechnische Pionierarbeiten als auch Zukunftsvisionen.
Das Spot-Farming-Konzept stellt die Bedürfnisse der Einzelpflanze in den Fokus, die möglichst optimal versorgt werden soll. Die Denkweise ist also eine neue: Es geht nicht mehr darum, welche Feldmaschinen den Acker am besten bearbeiten können, sondern wie Pflanzen mit genügend Wasser, Licht und Nährstoffen versorgt werden können und gesund bleiben. Je nach Beschaffenheit des Bodens werden passende Pflanzen angebaut, sodass parallel auch verschiedene Fruchtfolgen auf einem Acker möglich werden.
Im kommenden Jahr werden die Wissenschaftler*innen untersuchen, wie Biodiversitätselemente sinnvoll in das Spot Farming integriert werden können. Zudem werden sie prüfen, wie groß ein Spot sein sollte, um sinnvoll bewirtschaftet werden zu können. Des Weiteren werden sie analysieren, welche Fruchtfolgen bzw. Kulturen sich für Spots eignen und welche Möglichkeiten es für Spots gibt, die keine optimalen Bedingungen für Kulturpflanzen bieten.
Die Langzeitautonomie von Robotern ist abhängig vom Einzelfall
Das Konzept des Spot Farmings beinhaltet die Idee, die kleinteiligen Spots von autonomen Feldrobotern bearbeiten zu lassen, die deutlich kleiner und ökologischer sind als heutige Feldmaschinen. Die Forschung an autonomen Robotern ist ein weiterer Bestandteil des Zukunftslabors Agrar. Dieses Jahr beschäftigten sich die Wissenschaftler*innen mit der Frage, wann Langzeitautonomie bei einem autonomen Feldroboter gegeben ist. Damit ist gemeint, dass Roboter eine langfristige Aufgabe alleine durchführen können, also ohne vom Menschen begleitet zu werden. In dieser Zeit sind die Feldroboter auf keinerlei Anweisungen bzw. Unterstützung angewiesen.
Die Wissenschaftler*innen führten zunächst eine Literaturstudie durch, um zu prüfen, wie Langzeitautonomie in anderen Studien definiert wird. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Langzeitautonomie oftmals nicht systematisch hergeleitet, sondern geschätzt wird. Daraufhin führten die Wissenschaftler*innen Gespräche mit Robotik-Expert*innen, um die Probleme der Robotik in der Praxis zu ermitteln. Sie erfuhren, dass vor allem sich dynamisch verändernde Verhältnisse wie Wetter und Tageslicht für Roboter problematisch sind.
Die Wissenschaftler*innen kamen zu dem Schluss, dass Langzeitautonomie abhängig vom Auftrag bewertet werden muss. In der Landwirtschaft ist das z. B. die Aussaat, Pflege oder Ernte von Pflanzen. Für das mit dem Auftrag verbundene Zeitintervall muss der Roboter autonom arbeiten können. Das heißt, er versorgt sich selbstständig mit Energie (z. B. fährt zur Ladestation), reinigt seine Werkzeuge (z. B. fährt zu einer Art Waschstation), lädt seine gesammelten Daten in einen Datenspeicher und kann mit den sich verändernden Wetter- und Tageslichtverhältnissen umgehen (z. B. fährt bei Regen in einen Unterstand oder schaltet nachts zusätzliches Licht ein, damit die Kameras die Pflanzen erfassen können). Demnach müssen die Landwirt*innen erst aktiv werden, wenn die übliche Wartung des Roboters ansteht.
Unserer Definition zufolge muss Langzeitautonomie je nach Maschine und Anwendungsfall individuell betrachtet werden. Eine autonome Drohne hat z. B. andere Anforderungen als ein Feldroboter und bei der Ernte werden andere Aufgaben fällig als bei der Unkrautbekämpfung. Warum ist Langzeitautonomie überhaupt wichtig? Wenn Roboter ihre Aufgaben selbstständig erledigen können, entlasten sie die Landwirt*innen deutlich. Im Zukunftslabor betrachten wir kleinere und leichtere Roboter. Sie sind zwar nicht so stark wie Trecker, können aber 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche unterbrechungsfrei arbeiten – und das mit konstanter Präzision. Zudem sorgen kleine Roboter für weniger Bodenverdichtung und sind möglicherweise günstiger und energieeffizienter. Das muss noch abschließend geprüft werden.
Im kommenden Jahr werden die Wissenschaftler*innen einen neuen autonomen Roboter aufbauen: „Valdemar“. Bisher hatten sie mit dem autonomen Roboter „AROX“ gearbeitet. Aufgrund seiner geringen Bodenfreiheit von 20 Zentimetern kann er nur für die Aussaat und die ersten Wochen danach eingesetzt werden. Dann werden die Pflanzen zu hoch und er kann hauptsächlich am Rand eines Feldes fahren, nicht darüber. Valdemar ist etwa zwei mal zwei Meter groß und kann in alle Richtungen fahren, auch über das Feld. Das ergibt neue Forschungsmöglichkeiten. Aktuell ist Valdemar eine motorisierte Forschungsplattform, die schon über Steuerungsmechanismen verfügt. Allerdings fährt sie noch nicht autonom, daher werden die Wissenschaftler*innen Valdemar mit Folgendem ausstatten: Sensoren zur Erfassung der Umgebung, induktive Ladeplatte für die Energiezufuhr, Konnektivität für Datenupload, Unterbodenbeleuchtung für konstante Lichtverhältnisse, Software/Algorithmen für die Navigation.
Valdemar soll sich selbstständig um seine Energiezufuhr kümmern, sich bei schlechtem Wetter in seinen Unterstand zurückziehen und seine Daten in eine Plattform hochladen – vollkommen autonom. Diese Anwendungsbeispiele werden die Wissenschaftler*innen auf einem Feld mit Winterraps testen.
Hormone im Kot weisen auf gestresste Masttiere hin
Spot Farming und autonome Feldroboter sind Beispiele dafür, wie der Pflanzenbau mit innovativen Lösungsansätzen optimiert werden kann. Auch für die Tierhaltung gibt es digitale Technologien, die zu mehr Tierwohl in der Landwirtschaft beitragen können. Im vergangenen Jahr konzentrierten sich die Wissenschaftler*innen des Zukunftslabors Agrar auf den Einsatz sensor- und bildgestützter Verfahren in Hühnerställen. Diese tragen dazu bei, Gefiederschäden zu erkennen, sodass die Landwirt*innen Optimierungsmaßnahmen für die Haltung der Tiere ergreifen können.
Dieses Jahr validierten die Wissenschaftler*innen eine Methode, mit der sie das Stresslevel von Hühnern erfassen können, ohne ihnen Blut abnehmen zu müssen. Man spricht hier von einer nichtinvasiven Methode. Stressige Situationen für die Tiere können entstehen, wenn die Haltung Defizite aufweist (z. B. zu wenig Platz), wenn sie Routineuntersuchungen durchleben (z. B. Wiegen) oder wenn sie vor der Schlachtung auf Futterentzug gesetzt werden. Die Wissenschaftler*innen stellten Auffangwannen unter Gitter, auf denen die Tiere sitzen konnten. So konnten sie Kotproben sammeln, die sie im Labor auf Abbauprodukte von Stresshormonen (Glucocorticoide) untersuchten. Stresshormone werden unter anderem ausgeschüttet, um den Energiestoffwechsel anzuregen und damit dem Körper mehr Energie zur Verfügung zu stellen. Wenn die Stresssituation vorüber ist, werden die Glucocorticoide abgebaut und über Urin und Kot ausgeschieden. Eine Untersuchung des Kots kann also etwas über den Stresszustand des Tieres verraten.
Die Wissenschaftler*innen sammelten Kotproben vor und nach Stresssituationen ein, um die Konzentration der Glucocorticoid-Abbauprodukte vergleichen zu können. Die Untersuchungen ergaben, dass die Tiere durch das Einfangen und Wiegen für kurze Zeit moderat gestresst waren. Futterentzug führte jedoch zu erhöhter Stresshormonausschüttung, die dann nach dem Einfangen noch weiter anstieg. Bei den Untersuchungen geht es auch darum, Informationen über Ziel- oder Sollwerte zu erhalten, um einen unbelasteten Normalzustand in der Haltungsumwelt darzustellen und ihn mit abweichenden Werten vergleichen zu können.
Unser langfristiges Ziel ist es, ein Frühwarnsystem aufzubauen. Wenn ein erhöhtes Stresslevel bei den Tieren festgestellt wird, können Managementfaktoren verändert werden, um das Tierwohl zu steigern. Zu diesen Managementfaktoren zählen z. B. die Besatzdichte und die Beleuchtung im Stall sowie die Fütterungsintervalle. Bisher haben wir die Untersuchungen unter experimentellen Bedingungen in einem Versuchsstall durchgeführt, der relativ klein ist, aber ähnliche Strukturen wie konventionelle Mastställe aufweist. Wir wollen vergleichbare Untersuchungen auch in landwirtschaftlichen Betrieben unter Realbedingungen durchführen – wenn möglich in mehreren Praxisbetrieben. Dann könnten wir die Auswirkungen von Managementfaktoren auf das Stresslevel der Tiere vergleichen.
Für das kommende Jahr planen die Wissenschaftler*innen die Daten der Kotanalysen so aufzubereiten, dass die Landwirt*innen sie für das Herdenmanagement nutzen können. Denkbar ist ein Ampelsystem (grün, gelb, rot), über das die Ergebnisse vermittelt und konkrete Handlungsempfehlungen angezeigt werden könnten (z. B. Futterzeiten ändern, Besatzdichte verringern).