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Jetzt anmelden06.06.2025
Wie kann der Datenaustausch zwischen Landwirt*innen und Kontrollinstanzen effizienter werden? Welche digitalen Lösungen können eine doppelte Datenerfassung vermeiden? Darüber sprachen Wissenschaftler*innen des Zukunftslabor Agrar mit Stakeholdern aus der Landwirtschaft. In einem gemeinsamen Workshop, der am 16.05.2025 an der Universität Vechta stattfand, diskutierten die Teilnehmer*innen mögliche Lösungskonzepte am Beispiel des Stallklimas in der Hühnermast. Insgesamt nahmen 12 Vertreter*innen aus der landwirtschaftlichen Produktion, Veterinärämtern, Zertifizierungsstellen und dem Tierschutz teil.
Landwirtschaftliche Betriebe müssen in der Hühnermast bestimmte gesetzliche Grenzwerte des Stallklimas einhalten. Dazu gehören der Ammoniak- und der Kohlendioxidgehalt der Luft sowie die Lufttemperatur und -feuchtigkeit im Stall. Die Betriebe müssen die ordnungsgemäße Funktion ihrer Klimaanlage täglich überprüfen und dies schriftlich dokumentieren. Eine laufende Messung und Dokumentation sind nicht vorgeschrieben. Die Veterinärämter führen in unregelmäßigen Abständen Kontrollen vor Ort durch.
Die derzeitige Praxis erlaubt nur eine sporadische Überprüfung des tatsächlichen Stallklimas bei den Inspektionen vor Ort. Diese verursachen einen erheblichen Zeitaufwand, wie wir in einer Umfrage unter Landwirt*innen herausgefunden haben. Wir sehen ein großes Potenzial in Sensorsystemen, die immer häufiger im Stall eingesetzt werde. Die Sensoren überwachen das Stallklima und stellen digitale Messwerte zur Verfügung. Diese Daten könnten auch dafür genutzt werden, Nachweis- und Kontrollpflichten zu erfüllen – wenn sie automatisiert und sicher an die entsprechenden Kontrollinstanzen übermittelt werden würden. Im Rahmen des Zukunftslabors Agrar haben wir ein Lösungskonzept dafür entwickelt. Dieses haben wir im Workshop mit Expert*innen aus der Praxis diskutiert.
Das Konzept beschreibt ein digitales System zur Erfassung, Verwaltung und Nutzung von Stallklimadaten in der Nutztierhaltung. Die Daten aus vorhandenen Sensoren werden kontinuierlich erfasst, zentral gespeichert und über eine Meta-Datenbank verfügbar gemacht, sodass potenzielle Empfänger*innen einen Überblick über verfügbare Daten und deren Eigenschaften erhalten. Ein Einwilligungssystem regelt, wer welche Daten für welchen Zweck und wie lange nutzen darf. Die Rohdaten werden automatisiert an eine unabhängige Zertifizierungsstelle oder – mit Zustimmung – direkt an berechtigte Stellen übermittelt. Dort werden sie ausgewertet und in Form bedarfsorientierter Berichte an Behörden oder andere Stakeholder weitergegeben. Ziel ist eine transparente und standardisierte Datennutzung zur Verbesserung der Tierhaltung und zur Erfüllung gesetzlicher und qualitativer Anforderungen.
Die Teilnehmer*innen des Workshops diskutierten dieses Konzept aus ihrer fachlichen Perspektive. Sie tauschten sich über Chancen, Risiken und mögliche Hindernisse des Konzepts aus. Zum einen wurde deutlich, dass es schon viele digitale Anwendungen und Systeme in der Landwirtschaft gibt. Jedoch sind diese oft nicht miteinander kompatibel und die erforderlichen Schnittstellen zu Behörden fehlen. Das führt häufig dazu, dass Daten mehrfach eingegeben werden müssen, was die Arbeitslast der Landwirt*innen erhöht. Zum anderen wurden Bedenken hinsichtlich der Sensormessung geäußert: Wie genau und zuverlässig sind die Messungen der Sensoren? Was passiert, wenn sie ausfallen? Zusätzlich zu den Messungen müssten weitere Informationen erhoben werden, die eine valide Beurteilung der Sensordaten ermöglichen, z. B. das Außenklima.
Für die Wissenschaftler*innen war insbesondere die Rückmeldung der Tierschutzorganisationen und Veterinärämter interessant, dass für die Überwachung der Haltungsbedingungen in der Hühnermast vor allem die täglichen Tierverluste betrachtet werden und das Stallklima nur in Verbindung mit den Verlustzahlen sinnvoll bewertet werden kann. Bei der Erfassung der Tierverluste treten immer wieder Ungenauigkeiten auf. Hierfür gibt es bisher keine digitale Lösung.
Die Wissenschaftler*innen werden den Input der Teilnehmer*innen zum Lösungskonzept und zur Verbesserung der Datenflüsse in der Hühnermast weiter analysieren. Zusätzliche Anregungen zu Digitalisierungsbedarfen (z. B. hinsichtlich der Schnittstellen zum Datenaustausch mit Kontrollstellen oder in Bezug auf die Kommunikation der Veterinärämter untereinander) sollen in einem neuen Forschungsprojekt bearbeitet werden.
Die Teilnehmer*innen betonten, dass der intensive Austausch sehr interessant und aufschlussreich war. Sie bekundeten ihre Bereitschaft, zukünftige Forschungsprojekte mit ihrer Expertise zu begleiten, um ein praxisorientiertes Ergebnis zu erzielen.
Neben Herrn Kraft sind Andrii Besieda (Thünen-Institut) und Prof. Dr. Christina Umstätter (Thünen-Institut) in die Forschung involviert. Die Moderation des Workshops übernahm Dr. Anne-Kathrin Schwab (Universität Vechta).
Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Kira Konrad B. A.
Marketing & Kommunikation
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